Starnberger Merkur – Kunst am Container

Starnberger Merkur vom 18.1.2023, Stephan Müller-Wendlandt / © Photographer: Andrea Jaksch

Container als Kunstobjekt – das ermöglicht der Unternehmer Richard Freiherr von Rheinbaben an den Behelfsbauten, die er für seine Firmen an der Gautinger Straße hat errichten lassen. Der „Wandmalkünstler“ Martin Blumöhr hat schon begonnen.

Starnberg – Vom repräsentativen Baudenkmal in eine Baracke aus Stahlblech: Dabei geht es nicht um das Schicksal eines gescheiterten Geschäftsmanns, sondern um die temporäre Lösung für die Firmen eines erfolgreichen Unternehmers und Kunstmäzens. Richard Freiherr von Rheinbaben hat im vorigen Herbst die von ihm viele Jahre genutzte Villa Kustermann im gleichnamigen historischen Park in Tutzing räumen müssen, weil die Gemeinde mit dem Gebäude mittlerweile andere Pläne umgesetzt hat. Der Inhaber der Firma eurobuch.com und Betreiber der Padel- und Tennisanlage an der Gautinger Straße in Starnberg hat auf dem Gelände einen doppelstöckigen Container aufstellen lassen. Das ist das Domizil seiner Firmen für die nächsten Jahre. Und bald ein Hingucker im Stadtbild.

Die Räumlichkeiten hat er wohnlich mit Mobiliar aus der Tutzinger Villa eingerichtet. Das Erdgeschoss ist ein einziger Raum als Treffpunkt, Besprechungs- und Konferenzbereich. Ausladende Ledersofas laden zum gemütlichen Verweilen ein. Und ein Tenorsaxofon nebst einem Notenständer kündet davon, dass der Hausherr auch musikalisch unterwegs ist. „Dabei kann ich gar keine Noten lesen“, verrät von Rheinbaben, greift zum Blasinstrument und spielt fehlerfrei vom Blatt: „Die Noten kann ich nicht benennen, aber ich weiß, welche Knöpfe ich am Saxofon drücken muss.“

Der Container – innen hui, außen pfui. Noch. Denn von Rheinbaben möchte den schmucklosen Bau mit einem Street-Art-Projekt verschönern lassen. Ins Boot geholt hat er einen „Wandmalkünstler“, wie sich Martin Blumöhr selbst bezeichnet. Der Münchener ist auch international bekannt für seine Kunstprojekte im öffentlichen Raum.

In der bayerischen Landeshauptstadt hat er zum Beispiel anlässlich des 60. Jubiläums der Lebenshilfe die Giebelfassade deren Gebäudes am Mittleren Ring in Giesing mit einem großformatigen Wandbild gestaltet. An dem Kunstprojekt „Permanus“ waren 60 geistig und körperlich beeinträchtigte Menschen beteiligt, die von der Lebenshilfe betreut werden. Sie fertigten in Workshops Entwürfe, die in das Wandbild einbezogen wurden. 18 dieser Teilnehmer setzten gemeinsam mit dem Künstler ihren Entwurf an der Hausfassade selbst um.

Die Einbeziehung der empathischen Wahrnehmung des Entstehungsortes ist der Schwerpunkt von Blumöhrs Arbeiten. Dazu zählt auch der Kontakt zu Personen, die als Passanten an den Orten seines Schaffens zufällig vorbeikommen, und zu Kunstinteressierten und Besuchern, die gezielt zu einem „Public Viewing“ eingeladen werden. Das wird auch in Starnberg geschehen. Blumöhr nennt sein Kunstprojekt, das er auf den drei von der Gautinger Straße aus einsehbaren Wandflächen (etwa 105 Quadratmeter) verwirklichen will, „Uuirmseo“. Das ist die mittelalterliche Bezeichnung für den Würmsee. Die Komposition der Wandmalerei soll Bezug nehmen auf die örtliche Lage des Entstehungsortes sowie auf historische Ereignisse, benachbarte kulturelle Einrichtungen und manches mehr. Der Künstler hofft, dass Passanten und Anwohner die Entstehung des Bildes nicht nur verfolgen, sondern auch Ideen liefern, die Blumöhr in sein Werk mit einfließen lässt.

Die Arbeiten werden von Itzik Yehezkeli dokumentiert. Der Filmemacher aus München war erstmals mit seiner Kamera im Einsatz, als Blumöhr die zu bemalenden Containerflächen abgeschliffen, grundiert und erste Farbaufträge vorgenommen hat. Im Frühsommer soll die Wandmalerei abgeschlossen sein. Zuvor, vermutlich im Mai, wird das „Public Viewing“ stattfinden. Die Einweihungsfeier ist für spätestens August geplant.