Ein Phönix auf den Bürocontainern

Münchner Merkur vom 9. Juli 2024, Artikel: Stephan Müller-Wendlandt, Foto: Andrea Jaksch

Uuirmseo“ heißt das Kunstwerk, das an der Gautinger Straße in Starnberg Blicke auf sich zieht. Richard und Rolf von Rheinbaben hatten den Künstler Martin Blumöhr mit der Realisierung auf den Bürocontainern beauftragt – auf Vermittlung von Christian Ude.

Starnberg – Was treibt den Münchner Alt-OB Christian Ude nach Starnberg, um dort bei der Einweihungsfeier die Festrede für ein Projekt zu halten, das die staunenden Augen von Passanten und Autofahrern auf die Fassaden eines vormals „ästhetischen Störfaktors in so schöner Landschaft“ (Ude) lenkt? Gefeiert wurde dieser Tage die Street-Art-Kunst an den Bürocontainern der Firma Eurobuch der Brüder Richard und Rolf von Rheinbaden auf dem Gelände der von ihnen betriebenen Tennis- und Padel-Anlage an der Gautinger Straße. Für Udes Visite gibt es drei Gründe.

Erstens: Ude und seine Frau Edith von Welser-Ude sind narrisch verliebt in Wandmalereien, sie haben dieser Kunstform auf vier Kontinenten nachgestellt und die Erlebnisse ihrer Reisen in Wort und Bild in einem Kunstband veröffentlicht. Sie hat die Fotos geschossen, er die Texte dazu formuliert. Zweitens: Dieses Buch hat Richard von Rheinbaben in die Hände bekommen und seinen Freund Christian gefragt, welchen Street-Art-Künstler er ihm zur Aufhübschung des Bürocontainers empfehlen würde. Drittens: Der langjährige Oberbürgermeister legte von Rheinbaben Martin Blumöhr ans Herz, seinen Neffen.

Wandmalkünstler und Eurobuch-Chef hatten rasch eine gute Chemie miteinander gefunden. Der mehrfach preisgekrönte Blumöhr (unter anderem Pasinger Kunstkreis und Knödelorden für Zivilcourage) betitelte das Starnberger Werk im Rahmen seiner Wandmal-Serie „Public Viewing“ mit „Uuirmseo“, der mittelalterlichen Bezeichnung für den Würmsee (seit 1962 Starnberger See). Die Komposition der Wandmalerei sollte Bezug nehmen auf die Lage des Entstehungsortes und auf historische Ereignisse, kulturelle Ereignisse vor Ort und anderes mehr. Der Künstler setzte auf Ideen, die ihm Passanten und Anwohner im persönlichen Gespräch liefern sollten. Ude nannte es in seiner Rede Spurensicherung: „Welche Erinnerungen haben Menschen, die im Umfeld des Kunstwerkes leben?“

Die zahlreichen Kontakte, die Blumöhr während seiner Arbeit mit interessierten Zaungästen hatte, waren ein Grund, warum die Fertigstellung des Kunstwerks statt angedachter vier letztlich 18 Monate gedauert hat. Hinzu kamen witterungsbedingte Pausen, die weitere Arbeit an anderen Projekten sowie die außergewöhnliche Beschaffenheit des Untergrundes: Ecken, Kanten, Vorsprünge und der Materialmix aus Metall und Kunststoff an den sechs zweistöckig errichteten Containern waren eine Herausforderung an den mit Tusche, Acryl und Lack arbeiteten Street-Art-Künstlers. „Das war aber die besondere Faszination dieses Projektes“, sagte Blumöhr. Bis eine Stunde vor der Einweihungsfeier pinselte der Künstler an seinem Werk – und wird weitere Details noch nacharbeiten.

Beherrschendes Motiv des Werks ist der Phönix, der aus seiner Asche wieder entsteht –  zugleich der Name des von Eurobuch vor vielen Jahren ins Leben gerufenen, hochdotierten Preises für Nachwuchskünstler. In und um den über die ganze Fläche schwingenden Phönixschweif hat Blumöhr Szenen aus und um Starnberg und den See drapiert. Ein Augenfang nicht nur für die gut 50 Besucher der Feier, sondern auch für alle der künftigen Passanten und Vorbeifahrenden. Wie lange noch? Das liegt für von Rheinbaben im Ungewissen.