Kunst am Bau: Das kunterbunte Honorarkonsulat

Mäzen, Künstler und ein prominenter Laudator feiern den Abschluss eines ziemlich langwierigen Kunstprojekts (von links): Richard von Rheinbaben, Martin Blumöhr und sein Onkel, der ehemalige Münchner Oberbürgermeister Christian Ude. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Süddeutsche Zeitung vom 3. Juli 2024, Artikel: Michael Berzl, Foto: Franz Xaver Fuchs

Container am Starnberger Stadtrand haben ein schrilles Outfit und ein interessantes Innenleben. Für die Bemalung lässt sich Martin Blumöhr eineinhalb Jahre Zeit. Zum Abschluss der Arbeit hält sein Onkel Christian Ude die Festrede.

Das Honorarkonsulat des Plurinationalen Staates Bolivien hat seinen Sitz in einem Container zwischen Baumarkt und Tennishalle am Stadtrand von Starnberg. Man glaubt es kaum, aber so ist es auf einem ovalen Metallschild auf dem ansonsten unscheinbaren Eingang auf der Rückseite vermerkt. Auffälliger, geradezu schrill, ist das Erscheinungsbild zur Gautinger Straße hin: üppige grüne Blätter ranken empor, unzählige Augen blicken aus blauen Wellen, orangefarbene Flammen züngeln, und ein Phantasiedrache erhebt sich. Die komplette Fassade ist bunt bemalt. Eineinhalb Jahre hat sich der Pasinger Künstler Martin Blumöhr Zeit gelassen für sein Projekt, das er „Uuirmseo“ nennt. Bei einer kleinen Feier am Dienstag hat sein Onkel Christian Ude eine Lobesrede gehalten.

Der Münchner Alt-Oberbürgermeister ist erklärter Fan dieser Art von Kunst; er und seine Ehefrau Edith von Welser-Ude, die auch zu der kleinen Feier in Starnberg gekommen war, seien „der Wandmalerei seit vielen Jahren treu ergeben“, wie der 76-jährige SPD-Politiker vor gut 50 Zuhörern sagte. Auf verschiedenen Kontinenten haben sie sich auf die Suche nach solchen Motiven auf sonst meist hässlichen Mauern begeben, gemeinsam haben sie einen Bildband herausgebracht mit dem Titel „Open-Air-Galerie“. In der Tradition sieht er auch Blumöhrs Werk in Starnberg. „Die Farben hier wirken grandios“, findet Ude. Fantasielandschaften in knalligen Farben sind geradezu ein Markenzeichen des Streetart Künstlers. Er male ohne feste Vorlage, sagt er, und lasse sich von den Gefühlen an Ort und Stelle leiten. Blumöhr spricht da von „empathischer Wahrnehmung des Raumes“. Zu sehen sind seine Bilder zum Beispiel im Würm-Tunnel oder an einer Hauswand in Pasing, in einer Unterführung an der Landshuter Allee in München oder am Garchinger Kultur- und Sozialzentrum. Und immer wieder tauchen da auch die unzähligen Augen auf, die aus Wellen heraus zu schauen scheinen. In seinen Anfängen in jungen Jahren hatte er noch illegal gesprüht und musste in der Folge nach eigenen Angaben „immense Schuldenberge“ abtragen. Mittlerweile ist der 43-Jährige in München hinlänglich bekannt und arriviert, er ist Mitglied des Seerosenkreises, bekommt Preise und wird schon mal vom ehemaligen Münchner Oberbürgermeister, der seine Arbeit schätzt, weiterempfohlen, unabhängig von Verwandtschaftsverhältnissen, wie der beteuerte.

Und so kam Blumöhr nach Starnberg. Richard von Rheinbaben, 64-jähriger Unternehmer in der Verlagsbranche und im Buchhandel, Tennisplatzbetreiber, Honorarkonsul und Mäzen aus Tutzing, hat dort am Stadtrand aus der Not geboren und eigentlich als Provisorium sechs Container auf zwei Etagen übereinander stapeln lassen. Die sollen ihm vorläufig vor allem als Büro und Firmensitz seines Buchhandelsunternehmens dienen. Eigentlich war dafür ein alter Holzschuppen vorgesehen, der sich dahinter befindet. Doch der erwies sich nicht nur als unbrauchbar, sondern auch als so marode, dass sogar eine ursprünglich vorgesehene Sanierung nicht infrage kam. Darum musste eine andere Lösung her.

Richard von Rheinbaben hat zusammen mit seinem Bruder Rolf die Tennisanlage im Norden der Stadt übernommen. Und das ist nur eine von vielen seiner Aktivitäten. Er betreibt eine Buch-Suchmaschine im Internet, hat vor knapp 20 Jahren in Tutzing einen Kunstpreis zur Förderung von Nachwuchskünstlern ins Leben gerufen, bei dem Ex-OB Ude im Kuratorium sitzt, und ist seit 2015 Honorarkonsul von Bolivien für Bayern und Baden-Württemberg.

Nun ist noch etwas ungewiss, wie lange die insgesamt etwa hundert Quadratmeter große Wandmalerei Bestand haben wird. Für zweieinhalb Jahre sei das Container-Provisorium von Stadt und Landratsamt genehmigt. Das wäre noch bis März nächsten Jahres. Rheinbaben hofft aber, dass die Metallkisten mit Bemalung noch länger stehen bleiben können.