Tonnenweise Tennisbälle zum Recycling

Foto: Franz Xaver Fuchs

Die Tennisplatzbetreiber Richard von Rheinbaben (links) und sein Bruder Rolf legen Wert auf Nachhaltigkeit. Auf der Anlage stehen mehrere Sammelbehälter.

Nachhaltigkeit spielt auch im Amateursport eine Rolle. Der Betreiber einer Tennisanlage in Starnberg hat eine Firma ausfindig gemacht, die aus geschreddertem Material neue Bälle herstellt. Nun ruft er Vereine im Umkreis von 100 Kilometern zum Sammeln auf.

Süddeutsche Zeitung vom 7. Oktober 2025, Artikel: Michael Berzl

Starnberg – Der erste Container ist schon voll. Die zweite Kunststoffkiste daneben füllt sich ebenfalls mit Hunderten Tennisbällen. Etwa 10 000 gelbe Kugeln sollen es insgesamt werden, wenn es nach den Brüdern Richard und Rolf von Rheinbaben geht, die am Rand von Starnberg eine Sportanlage mit Tennis- und Padelplätzen betreiben. Bei Vereinen im Umkreis von hundert Kilometern sammeln sie die ausgemusterten Bälle ein, um sie zu einer Recycling-Firma in den Niederlanden zu schicken. Nach ihrer Kenntnis ist es das einzige Unternehmen weltweit, das aus dem geschredderten Material neue Bälle herstellt. Echtes Upcycling, das ist ihnen wichtig – und offenbar gar nicht so einfach.

Natürlich gibt es schon Firmen, die alte Tennisbälle zur Wiederverwertung sammeln. Der Onlinehändler Tennis-Point zählt dabei zu den größten; Boris Becker macht Werbung für ihn. Nach Angaben dieses Unternehmens bei Gütersloh werden in Deutschland mehr als zwölf Millionen Tennisbälle pro Jahr gespielt, die meisten landeten im Hausmüll. Wenn sie aber wiederverwertet werden, dann werden klassischerweise aus dem Altmaterial Bodenbeläge hergestellt. Doch das reicht den Rheinbaben-Brüdern nicht, darum haben sie sich auf die Suche gemacht und sind in Amsterdam bei „Renewaball“ fündig geworden. Ein aufwendiges und kompliziertes Verfahren ist nötig, um die Komponenten auseinanderzudröseln.

Eine erste Fuhre mit etwa 7000 Stück hat eine Spedition in Spezialcontainern vor einem Jahr von Starnberg nach Amsterdam gebracht. Die ersten Recyclingbälle sind schon im Verkauf. Gerade läuft bis Ende Oktober die zweite Sammelaktion. Als Ziel peilt Rheinbaben diesmal 10 000 Stück an, das wäre dann etwa eine halbe Tonne. Und wieder machen einige Vereine in der Umgebung mit, in Fürstenfeldbruck, Pasing oder München etwa.

Manche hätten davor schon gesammelt, wussten aber nicht, was sie mit den Bällen anfangen sollten, erzählt Richard von Rheinbaben. Andere hätten aufgrund der Initiative in Starnberg damit angefangen. Vereine und Klubs, Trainer und Spieler sollen ihre alten Bälle selbst abliefern, „in Kartons, Tüten oder Taschen, egal wie“, sagt Rheinbaben. In den Hallen und den Gängen seiner Anlage in Starnberg stehen gelbe Sammelkartons, draußen bei den Padelplätzen eine Plexiglasröhre, die ebenfalls schon zur Hälfte gefüllt ist.

Nach seiner Schätzung fallen erhebliche Mengen an: „Wir haben das nachgerechnet. Ein bis zwei Tonnen werden allein in unserer Anlage pro Jahr verbraten.“ Der Deutsche Tennisbund hat etwa 1,5 Millionen Mitglieder; dazu kommen Spieler, die nicht Vereinsmitglieder sind. „Das sind riesige Mengen an Müll und Verschwendung“, sagt Rheinbaben über die Menge der Alt-Bälle, die da anfällt. Er habe selbst gesehen, wie Trainer sie gleich tütenweise in den Müll werfen.

Die Starnberger Sammelaktion wird daher auch beim Bayerischen Tennisverband (BTV) begrüßt. Im Verbandsheft sei darauf hingewiesen worden, berichtet BTV-Sprecher Achim Fessler. Schon länger arbeite der Landesverband aber mit dem Online-Händler Tennis Point zusammen, der bei Vereinen flächendeckend Sammelkartons aufstellt und die Bälle an eine Firma weiterleitet, die nach dem Zerkleinern aus dem Granulat Sportplatzbeläge herstellen lässt.

Richard Freiherr von Rheinbaben, Unternehmer und Honorarkonsul von Bolivien, hat zusammen mit seinem Bruder Rolf vor sieben Jahren die Anlage mit sechs Plätzen in der Halle, vier Sandplätzen im Freien und fünf Plätzen für Padel-Tennis übernommen. Diese Spielart des Tennis, die etwas an Squash erinnert, erlebe in Deutschland einen Riesenboom. Müllvermeidung und Nachhaltigkeit seien ihm von Anfang an ein Anliegen gewesen, betont er. So habe er gleich die Kaugummi-Automaten auf dem Gelände entsorgt und Papierhandtücher durch Handtücher aus Textil ersetzt; in der Halle seien nun LED-Leuchten statt Neonröhren installiert, eine Berieselungsanlage werde überwiegend mit Regenwasser versorgt, und seit gut einer Woche ist auf dem Dach eine Photovoltaikanlage installiert.

„Die größten Probleme der Welt sind Müll und Verschwendung“, meint der Geschäftsmann. Beim Bällesammeln sieht er noch großes Potenzial. Und eine Vorbildfunktion für Kinder und Jugendliche. Nach Angaben der Firma in den Niederlanden, die er beliefert, fallen weltweit pro Jahr 350 Millionen Tennisbälle an. Auch in den Niederlanden landeten die meisten auf der Deponie oder in der Müllverbrennung, etwa drei Prozent fänden Verwendung als Spielzeug in einem Hundemaul oder als Kappe auf einer Anhängerkupplung eines Autos.